Ein Blick nach oben im Antelope-Canyon. Wasser hat sich durch den Spalt des Sandsteins gedrängt und den Fels ausgeschnitten und geformt.
Verglichen mit dem Grand Canyon, der großen Attraktion des US-Bundesstaates Arizona, hat der Antelope-Canyon nahe der Kleinstadt Page die Größe eines Einzellers. Und dennoch bietet er auf seinen 400 Metern Länge ein Spektakel aus Licht und Farbe, das den Abstecher lohnt.
Fahrt durch das Flussbett: Auf der Pritsche kleiner Trucks werden die Touristen zum Antelope-Canyon bei der Kleinstadt Page in Arizona gebracht.
Etliche Kilometer nach der Kleinstadt Page schaukeln die beiden Kleinlaster über abgelegene Pfade durch die Wüste von Arizona. Der gelblich-rotbraune Sand setzt sich auf Haut, Lippen, Kamerataschen, Trinkflaschen und Rucksäcke. Wir queren das Indianer-Reservat. Das Eintrittsgeld haben wir einem Navajo in die Hand gedrückt, dessen Stamm die Gegend gehört.
Unser Ziel ist der Schatz des Reservats, seine Einnahmequelle, der Antelope-Canyon. Etwa auf halber Strecke zwischen dem Grand Canyon in Arizona und dem Bryce Canyon in Utah nutzen tausende Touristen den kurzen Abstecher, um das Spektakel aus Licht und Farbe zu betrachten, das er im Inneren birgt. Von außen allerdings deutet nichts darauf hin, dass sich der Ausflug in die Wüste lohnt. Eine Felswand versperrt die Ebene, die in trockenen Zeiten kaum als Flussbett erkennbar ist. Ein Schlitz in dem vielleicht 40 Meter hohen Steinmassiv bildet den Eingang zum Canyon. Die Schultern vorweg, quetschen sich die Touristen durch den Spalt hindurch. Haben sich die Augen erst einmal an die veränderten Lichtverhältnisse gewöhnt, beginnt der Fels regelrecht zu strahlen.
Das Wasser hat Rinnen in den weichen Sandstein geschnitten, Felsnasen umspült und zu Skulpturen geformt, Mäander in den Fels getrieben und dort, wo es vorübergehend zur Ruhe gekommen ist, Höhlen gebildet. Das Licht aus der Höhe setzt Vorsprünge, Wannen und Säulen glanzvoll in Szene. An vielen Stellen gelangt nur ein schmaler Streifen Licht in die Tiefe, besonders effektvoll dann, wenn etwas Sand durch die Strahlen rieselt.
Ein paar Meter weiter sind weiche Rundungen sanft ausgeleuchtet. Die starken Kontraste und harten Lichtgrenzen sind eine Herausforderung für jeden Fotografen. Der weiche Fels gleicht einem wehenden Vorhang, einem leichten Schleier, in den eine geduldige Hand feine parallele Linien eingearbeitet hat. Den Kopf im Nacken verbringen die Touristen etwas mehr als eine Stunde inmitten des nur etwa 400 Meter langen Naturwunders. Ein Effekt wie in einer Kirche stellt sich ein: Wenn überhaupt jemand spricht, dann höchstens flüsternd.
Es wäre lebensgefährlich, diese Schönheit bei Regen genießen zu wollen. In so einem „Slot-Canyon“, so die Bezeichnung für diese Art Schlucht, entwickelt der Sturzbach, der sich in der Wüste in kurzer Zeit bildet, die Gewalt eines meterhohen Hochdruckreinigers. Dieselbe Kraft, die den Fels immer wieder neu formt, hat unvorsichtigen Urlauber bereits das Leben gekostet.
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