Die Gletscher gehören zu den größten Sehenswürdigkeiten der wilden Natur Alaskas. Einer ihrer Stars ist der Matanuska zwei Autostunden von Anchorage. Auf einer Trecking Tour präsentiert er sich in glitzerndem Gletscher-Blau.
Die Gletscherzunge des Matanuska. Selbst an trüben Tagen glitzern die Eismassen in zartem Blau.
Der Eintritt in die Eiszeit Alaskas kostet 20 Dollar. Dafür öffnet der Angestellte des heruntergekommenen Campingplatzes bei Meile 102 des Glenn-Highways die Schranke zu einer unbefestigten Piste mit unzähligen Schlaglöchern. Nach einem Blick auf die Reifen des für die wilde Natur eher ungeeigneten Stadtautos gibt es einen guten Tipp umsonst: „Fahren Sie langsam. Nach zwei Meilen kommt ein Parkplatz“.
Mit Helm und Spitzhacke ausgerüstet, unternehmen asiatische Touristen eine Trecking-Tour auf den Matanuska-Gletscher.
Wie die Straße selbst ist auch der Parkplatz kaum mehr als ein Provisorium. Zentimertertief sinken die Schuhe ein in den Schlick, der durchsetzt ist mit glatt geschliffenen Steinen. Der graue Brei unter den Füßen ist die Endmoräne des Matanuska-Gletschers. Die Aufschüttungen aus Schlamm und Gebirgsschutt sind unter dem tonnenschweren Druck des Eises entstanden. Über Jahrzehnte und Jahrhunderte hat der Gletscher die Erdmassen unter sich begraben, mitgeschleift oder vor sich hergeschoben. In den Spalten und Rissen bilden sich Rinnsale aus geschmolzenem Gletschereis.
Rund 800 Meter entfernt ragt das kilometerbreite Endstück der Gletscherzunge wie ein Riegel empor und scheint den Weg in die Chugach-Berge zu versperren. Fels und Erdreich, das der Gletscher auf seinem 46 Kilometer langen Weg durch die Berge aufgenommen hat, bilden feine schwarze Linien in der Masse aus gepresstem Schnee. Immer wieder haben sich bei diesem Kriechgang haushohe Teile abgelöst, sind heruntergestürzt und haben sich wieder übereinander getürmt.
Einzeln oder in kleinen Gruppen folgen Wanderer den professionellen Führern über lose Bretter und wacklige Absperrungen zum Gletschersee oder weiter in die Eisspalten hinein. Pylonen zeigen ihnen an, wo der Weg sicher ist. Manche sind mit Schutzhelm und Eispickeln ausgerüstet, um im Inneren des Gletschers die Eiswände hochzuklettern.
Andere schleppen eine schwere Kameraausrüstung und hoffen, damit das Blau des Eises ein zufangen. Blau ist die einzige Spektralfarbe, die vom Gletschereis nicht absorbiert wird. Selbst an diesem trüben Tag, an dem die Sonne nur selten durch Wolken und Nebel dringt, bildet sich in den Spitzen der Gletscherzacken ein ganz zartes Babyblau.
Schon einige Meilen zuvor auf dem Glenn-Highway hat sich der Matanuska-Gletscher in den Blick gedrängt. Herbstlich gefärbte Wälder, aus denen Nebel und Dunst nach oben steigen säumen den steilen Rand des Flusstales, das der Gletscher seit der Eiszeit gegraben hat. Aus der Entfernung scheint sich der Eisriese, der beinahe 600 Quadratkilometer Fläche bedeckt, in flachem Bogen aus den Bergen direkt in die Wälder zu ergießen. Erst aus der Nähe erschließt sich das ganze Ausmaß der schmutzig-grauen Endmoräne, die etwa sechs Kilometer breit ist.
Doch so riesig und unberührt der Matanuska-Gletscher für europäische Augen sein mag: Er ist auf dem Rückzug. Damit teilt er das Schicksal der meisten Gletscher im nördlichsten Bundesstaat der USA. Innerhalb eines Jahrzehnts hat sich die Gletscherzunge zwischen 1990 und 2000 um rund einen Kilometer zurückgezogen, haben Geologen festgestellt. In manchen Jahren jedoch versuchen die Gletscher ihr Territorium zurückzugewinnen. Immer wieder gab es noch im 20. Jahrhundert Phasen, in denen es die Eismassen des Matanuska vorwärts drängte. Allein im Sommer 1979 dehnte sich die Gletscherzunge innerhalb von 60 Tagen um 30 Meter aus. Sicher ist jedoch, dass der Matanuska in der letzten Eiszeit vor etwa 18.000 Jahren bis in die Gegend des heutigen Palmer reichte, etwa 45 Kilometer entfernt.
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